
Digital X: Wir brauchen dringend einen Masterplan
Für jedes neue Gesetz drei alte streichenPREVIEW online - Auf seiner Digital X, der Hausmesse der Deutschen Telekom in Köln, forderte Tim Höttges in seiner mitreißenden Eröffnungsrede ein radikales Umdenken. Deutschland müsse aus dem Formtief herausfinden, so der Telekom-CEO, und einen Masterplan haben.Zuvor bemängelte Henriette Reker, Kölns Oberbürgermeisterin, den Wahnsinn, dass Deutschlands Städte und Gemeinden bis 2025 Forderungen für die digitale Verwaltung umgesetzt haben müssten. Dabei könne jede Kommune das Rad neu erfinden. Statt Standarisierung könne jede Kommune eigene Software entwickeln (und bezahlen), die nicht untereinander kommunizieren könnten.
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom nutzte die „Inspiration Stage“, die größte Bühne der auf zwei Millionen Quadratmeter verteilten Digital-Show mit mehr als 50.000 Besuchern, 300 Partnern, 250 Sprechern und Persönlichkeiten wie George Clooney, die US-Zukunftsforscherin Amy Webb oder ABBA-Gründungsmitglied Björn Ulvaeur, für einen mit großem Beifall der Besucher untermauerten Appell eines radikalen Bürokratieabbaus. Für jedes neue Gesetz müssten drei alte gestrichen werden.
„Es gibt viel Pessimismus zu Deutschland, doch ist es wichtig, auch einen Plan zu haben, wie man wieder herauskommt aus der Krise.“ Einen solchen Masterplan vermisse er für Deutschland und die EU. Er forderte einen europäischen Protektionismus für die Solarindustrie und dass Europa endlich kartellrechtlich als einzelner Digitalmarkt behandelt wird. Und, dass auch die Bundesregierung sich endlich hinter die Forderung stellt, dass die Digitalkonzerne und Hyperscaler als „Fair Chair“ endlich ihren Beitrag für deren bisher kostenfreie Nutzung der digitalen Infrastrukturen zahlen.
Unter dem Motto „Be Digital. Stay Human“ brachte die Deutsche Telekom an zwei Tagen mehr als 300 Aussteller und 50.000 Gäste unter freiem Himmel in der Kölner Innenstadt zusammen – 20 Prozent mehr Besucher als im Vorjahr. Überall im Stadtgebiet, in Parks, Hotels, auf Hinterhöfen oder Kneipen waren Bühnen oder Zelte aufgestellt. Das wirkte zwar alles "cool", sorgte aber dafür, dass die Besucher dauernd unterwegs waren und wertvolle Zeit verschwendeten. Mehr noch: Wer gehofft hätte, dass z.B. wenigstens die Start-ups konzentriert an einem Ort zu finden gewesen wären, wurde eines Schlechteren belehrt. Im "Stadtgarten" waren zwar die meisten der angereisten Gründer zu finden. Aber eben auch an anderen, in der Stadt verteilten Stellen. Ein Umstand, der die mögliche Vernetzungs- und Kontaktquote erheblich reduzierte. Und überall war auch lästig langes Warten beim Zugang angesagt.
Masterplan für Deutschland & EU
Höttges mahnte in seiner Eröffnungsrede dass Deutschland in der Wettbewerbsfähigkeit vom 5. auf den 25 Platz abgerutscht sei. Rohstoffe wie Lithium, Daten oder Getreide seien monopolisiert und nicht mehr frei zugänglich. Das deutsche Erfolgsrezept, Rohstoffe billig einzukaufen, zu veredeln und dann teuer als innovative Produkte weltweit weiterzuverkaufen, greife nicht mehr. Erstmals habe der Exportweltmeister Deutschland im vergangenen Jahr mehr importiert als exportiert! Eine Verdreifachung der Strompreise sei nicht abzufedern: „Dass wir als Gesellschaft unsere CO2-Emissionen reduzieren müssen, steht außer Frage“, sagt Höttges, „aber wir müssen auch transparent machen, welche Auswirkungen das auf die Industrie und die Arbeitsplätze haben wird.“
Diskussionen um Wohlfühlthemen wie die 4-Tage-Woche – möglichst unter voller Lohnzahlung – seien absurd angesichts zurückgehender Produktivität: „Deutschland braucht einen Masterplan, welche Industrie wir aufbauen wollen. Wir müssen entscheiden, ob wir eine Wachstumsgesellschaft sein wollen oder ob Nachhaltigkeit unser primärer Wert ist“. Aber der Telekom-Chef mahnte nicht nur, sondern schlug auch Lösungen vor: Deutschland und die EU bräuchten dringend einen Masterplan. Die EU müsse mit der Kleinstaaterei endlich aufhören und sich als einheitlichen digitalen Markt verstehen und nicht als 27 kartellrechtlich einzelne Länder. Aktuell gebe es 27 Länder mit weit mehr als 50 Spielern am Telekommunikationsmarkt: „In den USA und China gibt es jeweils nur drei Anbieter!“ Das bräuchten wir auch in Europa. Er will diese Anregung aber nicht nur auf die Telekommunikation angewendet wissen: Auch der Bankenlandschaft käme ein einzelner Markt, eine Bankenunion, ähnlich zu gute.
Pressekontakt Peter Becker
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22391 Hamburg
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DownloadDas große Warten - überall auf der Digital X 2023. Quelle: PREVIEW |