
Clubhouse: Digitaler Striptease
Größter Lauschangriff auf die PrivatsphärePREVIEW online - Typisch deutsch gab es im Vorwege der Einführung der Corona-App endlose Diskussionen über die Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Bei der Nutzung der Live-Podcast-App "Clubhouse" - derzeit Platz 1 im App-Store-Ranking - scheint das bisher niemanden zu stören. Auch Dorothee Bär muss es unheimlich cool und hipp finden, zu den Auserwählten / Eingeladenen zu gehören, die die "Audio-only-App" bisher nutzen dürfen. Und sie prahlt damit sogar noch in ihren Dauer-Posts. Dabei müsste die für Digitalisierung zuständige Staatsministerin es doch eigentlich besser wissen, als die meisten Nutzer: "Clubhouse" ist der bisher größte Lauschangriff auf unsere Privatsphäre. Gegen Clubhouse ist der Datenklau, den facebook, WhatsApp, Instagram & Co betreiben, geradezu Kindergarten. "Jeder Nutzer dieser App sollte sich vorher überlegen, ob er die Daten der Familie, Freunde, Bekannten und Geschäftspartner einfach so ins Blaue hinein weggibt an einen Dienst, der offenkundig nicht in der Lage ist, die Vorgaben zum Schutz der Privatsphäre, wie sie in Europa gelten, einzuhalten“, heißt es aus dem Hause des Hamburger Datenschutzbeauftragten Prof. Dr. Johannes Caspar. Das war es bisher aber auch.
Hype durch Verknappung
Künstliche Verknappungen lösen Hypes aus. Das haben wir spätestens von Modemarken wie Abercrombie & Fitch oder von den vor den Schaufenstern campierenden Apple-Fans gelernt. Und auf dieser (Marketing) Welle reiten auch die Hersteller der Social-Media-App Clubhouse. Android-Nutzer schauen in die Röhre. Bisher wird Clubhouse nur im Apple-App-Store angeboten. Mehr noch. Diese App kann sich nicht jeder einfach so runterladen. Nein! Man muss von jemanden aus dem "inner circle" eingeladen werden zum Download.
Wer zum "noch erlauchten Kreis" gehört, kann sich - wie Dorothee Bär - damit brüsten, zur vermeintlichen "social-media-Elite" zu gehören, die in Sachen online stets den ersten Schuss gehört hat.
Podcast zum Mitmischen
Die App setzt auf den coronabedingten, digitalen Vernetzungs- und Podcast-Hype auf. Allerdings kann man im Clubhouse nicht einfach stumpfsinnige Likes oder blöde Chat-Kommentare absetzen. Statt in die Kamera zu grinsen kann man einfach mitplappern. Wie beim Sackgassen-Podcast 1.0 kann man nicht nur einfach lauschen. Man kann sich auch aktiv einmischen, mitdiskutieren, Worthülsen beisteuern...
Digitaler Wilde Westen - Gesetze spielen keine Rolle
Zur Kommunikation findet man im Clubhouse mehrere Zimmer vor. Es gibt offene und geschlossene Räume. Und so etwas wie einen Hausmeister, den Moderator. Dann gibt es Sprecher, User, die sich aktiv beteiligten bzw. einmischen wollen. Und es gibt Zuhörer. Per Knopfdruck kann man dem Moderator aber auch signalisieren, dass man auch etwas sagen möchte. Die Gründer lassen der Laberei, Hetze, Fake-News oder Querdenkern freien Lauf. Der digitale Wilde Westen ist geöffnet.
Zwar haben die Clubhouse-Besitzer Paul Davison und Rohan Seth angekündigt, bald für alle zu öffnen. Wann steht allerdings in den Sternen. Um angeblich gut für einen groß angelegten Rollout gerüstet zu sein, will man zunächst allerdings erst einmal möglichst viel über die Wünsche der Clubhouse-Nutzer erfahren. Und vermutlich nicht nur über die ...
Denn wer zum erlauchten Kreis der Clubhouse-Nutzer gehören möchte, muss zunächst die Nutzungsbedingungen akzeptieren. Sonst läuft nix. Und in den ABGs sichern sich die Clubhouse-Betreiber nicht nur den Zugriff auf alle Daten, Handynummern u.a. persönliche Einträge zu. Mehr noch. Die Nutzer müssen sogar einwilligen, dass ihre Gespräche mitgehört, mitgeschnitten werden. Kurzum: Chinesische Verhältnisse.
Brutaler Gesetzesmissbrauch - Und keinen interessiert es
Und gibt es hier etwa einen (Protest) Sturm der Entrüstung in der Bevölkerung? Von den Grünen, den Piraten, den Verbraucherzentralen etc.? Weit gefehlt! Millionen User haben sich die App bereits heruntergeladen und die AGBs akzeptiert. Das ist digitaler Striptease. Unglaublich! Und was sagt die für die IT-Sicherheit verantwortliche Behörde? "Diese Thematik liegt nicht primär in der Zuständigkeit des Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)."
Dann warten wir doch mal ab, wann die ersten Listen privater Handy-Nummern, Passwörter etc. von Filmstars oder DAX-Vorständen im Internet oder in der BILD auftauchen werden. Vielleicht wachen die politisch Verantwortlichen bzw. die Justizbehörden dann mal auf?
Und was sagen die Datenschützer dazu?
"Die Regelungen zur Datenverarbeitung der App Clubhouse, insbesondere die der Datenspeicherung, der Erhebung von Daten auch dritter Personen, der Datenweitergabe an Dritte Unternehmen und die fehlende klare Zwecksetzung lassen keine relevanten Einschränkungen erkennen und eröffnen der Betreiberfirma weitgehend alle Optionen", so Hamburgs Datenschützer Prof. Dr. Johannes Caspar. "Hier ist am Ende jeder Nutzer dieser App selbst verantwortlich und sollte sich vorher überlegen, ob es in Ordnung ist, die Daten der Familie, Freunde, Bekannten und Geschäftspartner einfach so ins Blaue hinein wegzugeben zu einem Dienst, der offenkundig nicht in der Lage ist, die Vorgaben zum Schutz der Privatsphäre, wie sie in Europa gelten, einzuhalten.“ ... Einfach unglaublich - oder?
Pressekontakt Peter Becker
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